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This is Uganda (2/2): Zu den Berggorillas im Bwindi Nationalpark

Auch wenn wir viele Erlebnisse und Eindrücke mitnehmen, aber diesem nimmt wohl keines so schnell den Thron ab. Einige tausend km auf staubigen Sandstraßen durch Uganda lagen bereits hinter uns. Ebenes Land und freundliche Gesichter zogen an uns vorbei. Es ist heiß und trocken und der sich inzwischen in jeder feinsten Pore befindliche Staub unser ständiger Begleiter.

Wir kommen dem Bwindi-Nationalpark immer näher und durch die höhere Lage wird es endlich angenehmer – es wird kühler und grüner. Das Land dient den Menschen in dieser Region nahezu ausschließlich dem Ackerbau. Einen ursprünglichen Regenwald können wir noch nicht ausmachen, Reis-, Gemüse- & Kaffeeplantagen prägen das Bild, welches wir durch den milchigen Schimmer der verstaubten Fenster des Toyotas wahrnehmen. Unsere Sandstraße wechselt sich mit Annäherung an den wohl wichtigsten Nationalpark Ugandas in asphaltierten Untergrund. Die Straßen werden belebter und zum ersten Mal (nach 2 Wochen) laufen Kinder mit unserem Auto mit und fragen nach Geld. Unser Begleiter Ken erklärt uns, dass der „Gorilla-Tourismus“ bereits seit gut 25 Jahren eine der großen Einnahmequellen des Landes ist und die weißen Touristen (Muzungus) immer viele Geschenke auf dem Weg zu den Gorillas für die Einheimischen mitbringen. Ken hält das Auto nicht an und wenn doch, sagt er den Kindern in recht rüdem Ton, dass sie zur Schule gehen sollen. Einige Stunden Autofahrt liegen noch vor uns und wir sprechen viel über dieses Thema. Irgendwann treffen wir für uns die Entscheidung, den Kindern und Erwachsenen kein Geld (oder Süßigkeiten/ Essen/ Wasser) zu geben. Und das nicht, weil wir nicht mehr und mehr mit jedem km den wir an leeren Händen vorbei fahren, helfen möchten. Wir haben gesehen, dass sich die Kinder entlang des „Touristen Highways“ vom Flughafen zu den Gorillas einfach daran gewöhnt haben und das Erwebsmodell betteln ertragreicher als der Weg in die Schule ist (z.B. deshalb).

Eine gefühlte Rallye Dakar später, über Gelände, was wohl in keinem Prüfkriterium für die Zulassung von Serienfahrzeugen vorgesehen ist, erscheint vor uns der Bwindi-Nationalpark wie eine sichtbare Grenze in eine andere Welt. Wie mit Lineal und Bleistift gezogen, wirkt die Linie von hochgewachsenen Bäumen direkt neben den nicht enden wollenden Weiten der Agrarflächen. Ein beklemmender Ausblick auf einen Zwiespalt zwischen der Freude über das unglaublich dichte grün des Nationalparks und den ausgedörrten Feldern gleich nebenan. Wir verharren für einige Zeit und fühlen uns irgendwie schuldig für diesen Anblick, ohne ganz genau zu wissen warum – aber wahrscheinlich können die Menschen die hier leben nichts für das System, welches sie zwingt Ihre Wälder zu roden, um die Flächen als Acker zu nutzen.

Wir nehmen eine unglaubliche Geräuschkulisse wahr, durchzeichnet von unterschiedlichsten Vogelarten, Brülllauten und ständigem gezirpe. Gleichzeitig bilden wir uns ein, in Uganda, noch nie zuvor so frische Luft eingeatmet zu haben. Vielleicht liegt es aber auch einfach nur daran, dass wir nach und nach den Staub von der Straße loswerden und zum ersten mal einen blauen Himmel erleben. Irgendwie wirkt die Natur hier noch so in Ordnung. Wir müssen einige Securtiy-Points durchqueren an denen wir jedes Mal nach unseren Papieren und Genehmigungen gefragt werden. Die Sicherheit in diesem Park wurde nach dem Massaker von Bwindi im Jahr 1999 erheblich erweitert und wir fühlen uns sicher, obwohl wir sehr oft an die zuvor gelesenen Berichte und die von Ken erzählten Geschichten denken müssen. Um 5 Uhr morgens klingelt der Wecker, wir konnten vor Aufregung kaum schlafen. Mit zwei weiteren Paaren und sechs Guides machen wir uns auf den Weg in den Urwald. Zwei Wegschläger mit armlangen Macheten versuchen einen Eingang in den Dschungel zu finden, ein Guide sucht Spuren und trägt die Informationen von der Gorilla-Nachtstätte zusammen, vier weitere Personen begleiten uns mit ihrem Maschinengewehr im Anschlag. Man sagt uns, dass im Notfall ein Schuss in die Luft Sicherheit vor wilden Tieren bietet.

Die feuchte Luft und die unglaublich vielen Geräusche lassen es realistisch werden, dass wir wirklich im Urwald mitten in Uganda auf der Suche nach frei lebenden Gorillas sind. Ganz anders als Safaris entlang festgelegter Routen oder gar ein Zoobesuch. Die Aufregung steigt mit jedem weiteren Schritt, die Kraft schwindet. Der Boden unter den Füßen ist mit Pflanzen bedeckt und um die steilen Hügel zu überwinden, klammern wir uns an unseren zusammengesuchten Gehhilfen. Geht es runter, rutschen wir aus, geht es hoch, kriechen wir auf allen Vieren. Es ist erst 9 Uhr morgens, aber von der Kälte der letzten Nacht ist nichts mehr übrig, es ist diese angenehme 100% Luftfeuchte bei 5.000 °C die uns im Nacken sitzt. Wir schwitzen, Moskitos schwirren um unsere Köpfe und dann nehmen wir ein brüllendes Geräusch wahr und man sagt uns, dass eine Spur von den Gorillas gefunden wurde. Keine halbe Stunde mehr.

Ein Stoppzeichen wird gegeben, wir bekommen noch schnell eine kurze Einweisung wie wir uns verhalten sollen und dann gehen wir ganz ruhig mit ausreichend Abstand zu ihrem Tageslager. Wir haben unglaubliches Glück, „unsere“ Gorillafamilie hat 19 Mitglieder, darunter ein Silberrücken (der männliche Anführer), 2 schwangere, 3 Babies und viele Kinder. Alle sitzen entspannt an einem umgestürzten Baum und picken Termiten aus dem morschen Holz. Sie fühlen sich nicht von uns gestört und unsere Guides erklären uns, dass zugelassene Gorillagruppen die Menschen durch sanfte Eingewöhnung (max eine Gruppe am Tag für 1 Stunde) als neutral wahrnehmen. Wir bemerken, dass wir aber gar nicht neutral sein können – wir zittern vor Aufregung und sind überwältigt von der Anmut und Akzeptanz uns gegenüber – ein Gefühl was man jedem Teilnehmer ansehen kann und uns fast die Tränen in die Augen treibt. Die Kinder spielen miteinander, eine Mutter kuschelt ihr Baby, ein Berggorilla blickt uns mit seinen großen Augen direkt an. Es ist unbeschreiblich, wir fühlen uns irgendwie verbunden. Auch wir dürfen nur eine Stunde dort verweilen, an ihrem Tag teilhaben, sie beobachten und das ohne Barriere und ganz friedlich. Wir haben vorher oft gehört, dass dieses Erlebnis einen selbst verändert. Und wir fühlen es auch.

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Beeindruckend und unfassbar schön festgehalten. Diese Bilder machen Gänsehaut. Bin ein großer Fan von euch, weitermachen!

Liebe Grüße
blick-fang

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