Vietnam 2013 – Ho Chi Minh City und das Mekong Delta
Ho Chi Minh rief der Busfahrer. Schnell packten wir unser Hab und Gut zusammen und waren bereit für die heimliche Hauptstadt Vietnams. Unser Hotel war „niedlich“ – ca. 3m breit und jeweils 20 Meter im anderen Raummaß. Auf jeder Etage gab es somit nur 2 Zimmer, welches dann jeweils so breit war wie das ganze Hotel. Waren wir überzeugt, wir hätten in Hanoi bereits den verrücktesten Verkehr gesehen – hier scheint es endgültig keine Fahrspuren mehr zu geben.
Wir hatten bereits einige Tage zuvor Kontakt zu Vinh per Facebook aufgenommen. Eine gemeinsame Freundin hat uns die Verbindung zu Ihm hergestellt. Und nur kurze Zeit nachdem wir im Hotelzimmer eintrafen klingelte das Telefon. Kurze Zeit später schlenderten wir zu dritt durch die Straßen und stoppten in einem Café. Wir nahmen mal wieder auf diesen winzigen Plastikstühlen Platz. Dabei wurden die sich füllenden Plätze um immer neue Stuhlreihen ergänzt. Das gleiche passierte auch im gegenüberliegenden Café – so lange bis von der Straße nur noch ein schmaler Spalt für die Moped- und Autofahrer übrig blieb. Welch ein Schauspiel. Die Sicht war definitiv besser als Kino! Sich das geschehen auf den Straßen anzuschauen war ein Mix aus Action- Drama- und Comedy. Wir zählten mal wieder 5 Vietnamesen die sich auf ein Roller quetschten und Straßenverkäufer die undefinierbare Dinge verkauften. Sich bei dem Gewusel auf Vinh zu konzentrieren und sich überhaupt zu verstehen, war schon eine harte Probe. Vinh gehört zu der aufstrebenden Jungen Schicht in Vietnam. Wir spürten sofort, seine weltoffene Einstellung. Eine wie er uns später beschrieb, eine Neugier für die Welt, die sich eher im strukturstärkerem Süden des Landes ausprägt. Ungefragt bot er uns sofort seinen Roller für ein erstes Sightseeing am nächsten Tag an und er erwähnte quasi nebenbei, dass er sich die nächsten 3 Tage für uns frei genommen hat. Wir waren baff, sehr dankbar und beeindruckt mit wieviel Hilfsbereitschaft wir „konfrontiert“ wurden.
Am nächsten Morgen starteten wir früh, wir wollten noch mehr über die Kriegsgeschichte Vietnams erfahren und wollten zeitig das Museum of War erreichen. Rauf auf den Roller und wie eine Ameise im Getümmel funktionieren – hat geklappt und irgendwie macht es auch Spaß dort zu fahren – es gibt trotz der chaotischen Verhältnisse weder Aggressionen noch Frust im Verkehr – alle wirken gelassen und haben Ihren Dauerstau wohl schon lieben gelernt. Das Kriegsmuseum wartete mit aufrüttelnden Bildern auf uns. Viele Kriegsfotografen gaben Ihr Leben, um das Ausmaß, die Angst, die Grausamkeit und Folgen des Krieges zu dokumentieren. Groß ausbelichtete schwarz-weiß Fotografien führten uns Themen bezogen durch die Zeit des Krieges und drehten uns (mehrmals) den Magen um.
Zum Mittagessen trafen wir uns mit wieder mit Vinh, diesmal in Begleitung einer Freundin, Khan. Es standen unter anderem Darm und Schnecken auf dem Tisch, die Vinh, Kahn & Björn genüsslich verdrückten. Anne blieb dann doch lieber bei etwas gemäßigterer Kost.
Zum Nachmittag hin brachte Vinh uns auf eine neue Idee – warum nicht auf den Roller schwingen und ab ins Mekong Delta. Wir könnten noch abends losfahren, bei seinen Großeltern schlafen, und den vollen Tag im Delta verbringen.
In der Dunkelheit erreichten wir das Haus von Vinhs Großeltern, welches in einer sehr edlen Wohngegend stand – groß, beleuchtet und umringt von einem 2-Meter-hohen Zaun. Trotz unseres unangekündigten Besuchs wurden wir unglaublich liebevoll mit Früchten und Tee empfangen. Wir erfuhren, dass es gar nicht Vinhs leibliche Großeltern waren. Denn als Vinhs Vater vor gut 15 Jahren verstarb, seine Mutter allein für 2 Kinder sorgen musste und es finanziell sehr knapp wurde, brachte ein glücklicher Zufall alle zusammen und die „Großeltern“ unterstützen seine Familie. Sie ermöglichten Vinh und seiner Schwester ein Studium, auf Grund dessen beide heute in überdurchschnittlich guten Jobs arbeiten können.
Am Nachmittag buchten uns ein Boot, welches uns von Insel zu Insel fuhr. Auf wie vielen Inseln wir letztendlich gestoppt haben wissen wir nicht mehr, weil wir vielmehr den Erzählungen Vinhs über Land und Leute lauschten, als das Sightseeing zu genießen. 🙂 Wir machten uns rechtzeitig auf den Heimweg und bedankten uns mit einem kleinen Shooting und einem leckeren indischen Dinner für seine besondere Gastfreundschaft.
In der letzten Nacht bevor wir in den Flieger gen Heimat stiegen kamen viele Gedanken in uns hoch um das Gesehene zu verarbeiten – wir hätten ohne darüber nachzudenken unseren Trip um 30 Tage verlängern können und wir mussten feststellen, dass uns dieses Land viel mehr Offenherzigkeit entgegen brachte, als wir es vor unserer Reise erwartet hätten. So blieb für uns viel mehr vom Land hängen als die Gedanken an tolles Essen, wilden Verkehr oder rote Lampions – vielmehr bleiben uns Erinnerungen an all die tollen Menschen, die Ihr persönliches Glück daraus ziehen zu geben – und sei es nur ein Lächeln zu schenken…
This is unreal. I felt like I just stopped by Vietnam for a while.